Ich bin wahrlich kein Experte, was das Trauern anbelangt. Und das sage ich, obwohl ich schon so oft Abschied nehmen musste: Von Menschen, von Tieren, von Gegenden, von lieb gewonnen Gewohnheiten, Gegenständen und einigem mehr. Expertenstatus wirst Du in der Trauer nie erlangen. Kann ich behaupten, weil ich es weiß.

Erfahre heute, wie Du Deiner Trauer Raum geben kannst. Ich erzähle Dir außerdem, was Du tun kannst, um Dich nicht so vereinnahmen zu lassen, dass es Dir nicht mehr guttut.

Heute ist der Todestag meines Vaters – ich hatte ja schon angedeutet, dass er bald anstehen wird. Und so sehr ich mir wünschte, ein Stück weiter gekommen zu sein, stehe ich im Moment an einer Stelle, die mir noch nicht gefällt, und mit der ich mich noch versöhnen möchte.

Und muss, um wieder rundum froh leben zu können.

Ganz schön Haase

Ich bin eine wandelnde Chronik und speichere mir viele Begebenheiten mit Datum wie automatisch und mit Bildern ab. Nicht alle Ereignisse kann ich abrufen, aber es gibt einfach viele Momente, die sich mir eingeprägt haben, und von denen ich bis ins kleinste Detail Erinnerungen in mir trage. Da scheint mein Gehirn eine Art Fähigkeit zu haben, die es auch mir oft erleichtert, im Alltag Gegenstände wiederzufinden. Ich kann nämlich oft sagen, was ich sonst so gesehen habe, und schon weiß ich auch, wo ich mich befunden habe, um etwas abzulegen.

Nun, genauso ist es eben mit Tagen, an denen etwas geschehen ist. Regen sich gerade viele über das Wetter auf, weiß ich, dass es genau vor einem Jahr ähnlich regnerisch-schwül war. Ich weiß, an welcher Stelle ich dieses Wetter bemerkt habe, und ich könnte die Szenerie, an die ich mich erinnere, zeichnen lassen:

Ich stand in diesem Raum, der die letzte Herberge für meinen Vater geworden war, sah die Bäume vor dem Balkon, hörte den Straßenlärm und weiß noch genau, wie das Bett gestellt war, so dass mein Vater ein bisschen von dem Grün des Baumes vor dem Fenster sehen konnte. Es regnete.

Mein Vater durchlebte alte Ereignisse, die so unschön gewesen sein mussten, dass wir ihn kaum beruhigen konnten. Das Wichtigste in dem Moment war Körperkontakt, und wir hielten diesen ständig. Es waren Momente voller Liebe.

Dass ich meinen Vater schon sehr bald verlieren sollte, ahnte ich nicht.

Deiner Trauer Raum geben – schließe Frieden mit dem letzten Mal

Gestern vor einem Jahr habe ich meinen Vater das letzte Mal lebend gesehen. Da meine Familie bei ihm war, habe ich mir erlaubt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen und habe meine Reise zum Kunden angetreten. Zumal es keine akut-lebensbedrohliche Situation gab. Einen Tag später war mein Vater tot. Ich hätte nichts tun können, außer noch einmal mehr bei ihm gewesen zu sein. Irgendwie fühlt es sich im Nachgang falsch an, weggefahren zu sein, zumindest so ein ganz kleines Bisschen.

Aber hier und für mich gilt das, was ich Dir auch immer rate: Schließe Frieden mit der Vergangenheit. Sie ist nicht mehr änderbar. Alles, was Du noch tun kannst, kannst Du JETZT tun oder für die Zukunft planen. Das, was hinter Dir liegt, hat auch seine Ruhe verdient. Lass es los.

Deiner Trauer Raum geben – Finde heraus, was gut für Dich ist

Das solltest Du eh immer tun, aber im Zusammenhang mit Trauer ist es erfahrungsgemäß noch einmal schwieriger, seinen Weg zu finden. Denn hier wird noch einmal mehr deutlich, dass wir alle ganz unterschiedlich mit Trauer umgehen, und so recht kann Dir niemand einen Rat geben oder Weg aufzeigen. Es ist aber wichtig, dass Du darüber sprichst, was in Dir passiert und wie Du Dich fühlst.

Ich habe lange nicht getrauert. Oder es fühlte sich zumindest so an. Natürlich war ich traurig, dass mein Vater nicht mehr lebte, aber es war, als wäre diese Stelle in mir, die darüber mal so RICHTIG traurig sein sollte (so sehr, als wolle es mir ein Teil des Herzens zerreißen), nicht erreichbar wäre.

Für mich habe ich in der Zeit viel nachgedacht (wie immer), mir viele Fragen gestellt (wie immer), viel erledigt (wie immer). Es war also gefühlt alles wie immer. Und sicher war das auch richtig für mich.

Wenn es Dir also ähnlich ergehen sollte, dann lass es genau so zu. Mir ist wichtig, dass Du für Dich herausfindest, was Dir guttun könnte. Mach genau das. Das kann wiederum alles sein, was das Leben so für uns bereithält. Wir haben vielfältige Möglichkeiten, etwas zu tun oder zu lassen.

Deiner Trauer Raum geben – Rede darüber

Bei mir ist also erst einmal wenig passiert. Genau darüber habe ich auch mit allen, die mir wichtig waren, gesprochen. Der Vorteil einer Trauer, die sich zeitnah nach Tag des Abschieds zeigt, ist, dass die Menschen Dich verstehen und auch noch rücksichtsvoll mit Dir umgehen. Auch in dieser Situation wirst Du erleben, dass sich Menschen zurückziehen. Trauer ist leider ein Tabu-Thema und viele sind verunsichert, was sie tun können.

Ich kann Dir auf jeden Fall empfehlen: Wenn Du selbst nicht trauerst, aber jemanden in Deinem Umfeld hast, der das tut, biete Deine Hilfe an. Du musst nicht aufdringlich sein, aber mache klar, dass Du für ein Gespräch oder Unterstützung irgendeiner Art da bist. So etwas kannst Du auch wunderbar über einen handgeschriebenen Brief tun.

Es ist für denjenigen, der einen Menschen verloren hat, immens wichtig, sich nicht alleine gelassen zu fühlen. Und das hält an. Es ist auch nicht wichtig, ob diese Hilfe jemals in Anspruch genommen wird. Es ist alleine wichtig, dass Du das Gefühl vermittelst, dass Du im Fall der Fälle für jemanden da sein möchtest (natürlich nur, wenn Du das möchtest und auch in dem Umfang, wie Du es möchtest).

Ich bin erst seit kurzer Zeit wohl tiefer in meine Trauer eingestiegen. Den Auslöser kenne ich nicht. Es ist einfach passiert. Nach einem Jahr denken viele Menschen nicht mehr an das, was eben genau vor einem Jahr passiert ist. Also erzähle ich nun Anderen davon, wie es mir aktuell geht. Ich vertiefe es nicht sonderlich, aber ich verschweige auch nicht, wie es mir geht. Mir hilft das ungemein. Auch wenn es nichts von der Schwere nimmt. Aber ich möchte so tun, als wäre alles ok mit mir.

Deiner Trauer Raum geben – Es ist, wie es ist

Egal, was in Deinem Leben schon passiert ist: Du wirst nie ein Trauer-Profi werden. Jeder Verlust hinterlässt andere Spuren in Dir. Du kannst Dich weder vorbereiten, noch vermuten, dass Du mit einem weiteren Trauerfall besser zurechtkommst. Es spielen so viele Kriterien hinein, dass es keine Vorhersage und damit Vorbereitung dafür geben kann.

Also bleibt nur, dass Du akzeptierst, so zu sein, wie Du Dich gerade fühlst. Dass das nicht immer einfach sein muss, weiß ich allzu gut. Ich fühle mich gerade nicht sonderlich wohl mit dem, was in mir ist und mit mir geschieht, aber ich sehe auch, dass ich da eben mal wieder nichts erzwingen kann – in keine Richtung.

Also werde ich sehr achtsam mit mir umgehen. Auch das sollte ja immer der Fall sein, aber in Zeiten der Trauer ist es noch einmal wichtiger.

Ziehe Dich also immer mal zurück und überlege, mit was Du Dir wenigstens eine Freude machen kannst. Oder mit welcher Maßnahme Du Deinem Körper etwas Gutes tun kannst. Unternimm schöne Ausflüge in die Natur, gehe spazieren, unterhalte Dich mit lieben Menschen, die Dich stützen und an Deinem Wohl interessiert sind. Gönn Dir eine Massage oder eine Beauty-Behandlung. Denke immer mal einmal öfter nur an Dich.

Und lass auch Deinen Tränen ihren Lauf. Bei mir haben sie lange genug warten müssen. Mir ist es mittlerweile auch egal, in welcher Situation sie aus mir raus wollen. Ich werde auch zulassen, dass mich die Trauer mal so heftig erfasst, wie ich es vor einem Jahr vermutet hätte. Aber ich werde immer wieder zusehen, dass ich ein Stück vorwärtskomme, mich wieder aufrichte und mich aufstelle, um weitergehen zu können.

Du wirst Deinen Weg alleine finden müssen, aber Du darfst Dir helfen lassen. Also nutze die Gelegenheiten, die sich uns allen bieten. In der Trauer ist nichts zu gut, als dass Du es nicht verdient hättest.

Versorge Dich mit Gutem und sei geduldig. Viel mehr kannst Du nicht tun.

Hast Du schon Trauererfahrung und magst mir dazu in einem Kommentar mehr erzählen? Wie bist Du mit Deiner Trauer umgegangen?

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